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Dem Kosovo würden so wesentliche äußere Zeichen eines Staates zugestanden.
Allerdings hätte ein Entscheidungsgremium bestehend aus Delegierten aus dem Kosovo, Serbien und der Europäischen Union die absolute Entscheidungsgewalt bei den Themen Außenpolitik (beispielsweise Bündnisse und Beziehungen zu internationalen Wirtschaftsinstitutionen), Verteidigung, Grenzen (für den Fall, dass sich Kosovo an Albanien anschließen will) und die Behandlung der serbischen Minderheit im Kosovo.
So wären der Kosovo und Serbien zwei unterschiedliche internationale Subjekte innerhalb eines Staatenbundes, der wiederum einem gemeinsamen Entscheidungsgremium unterliegt.
Natürlich wäre dieser Staatenbund asymmetrisch, denn die Souveränität der serbischen Regierung über das restliche Staatsgebiet Serbiens bliebe intakt und uneingeschränkt, wohingegen die „Souveränität“ der kosovarischen Regierung über den Kosovo durchaus limitiert wäre.
Um zu verhindern, dass eine der beiden Parteien, die Oberhand über die andere gewinnt und Willkürentscheidungen trifft, sollte das gemeinsame Entscheidungsgremium aus vier serbischen und zwei kosovarischen Delegierten bestehen sowie aus drei EU-Vertretern, so dass sich beide Seiten um die Unterstützung der EU-Delegierten bemühen müssen.
Außerdem sollte die EU eine kleine, aber wirksame militärische Eingreiftruppe bilden (mit etwa 5.000 Soldaten), um die Entscheidungen des gemeinsamen Gremiums zu unterstützen.
Wie bei jedem Kompromiss würden beide Parteien gewinnen und verlieren.
Serbien würde sein Gesicht wahren und weiterhin über maßgebliches Mitspracherecht bei entscheidenden Fragen im Kosovo, einschließlich der Behandlung der serbischen Minderheit, verfügen.
Der Kosovo würde eine beschränkte Unabhängigkeit erhalten und von der Provinz eines souveränen Staates zu einem internationalen Subjekt aufsteigen, das befugt ist, gewisse Abkommen mit anderen Staaten einzugehen und sogar ein Mitglied der UNO zu werden.
Durch diesen Beitrag zur Stabilisierung einer höchst labilen Region würde auch die EU profitieren.
Sie würde den Kosovo überwachen und jeden Konflikt, der gewalttätig ausarten könnte, verhindern.
Ein letzter Vorteil dieser Lösung wäre ihr temporärer Charakter.
Historisch gesehen werden aus Staatenbünden früher oder später Bundesstaaten (wie beispielsweise die USA, Deutschland und die Schweiz) oder sie zerfallen aufgrund von Zentrifugalkräften (wie die im Jahr 1958 geschaffene Vereinigte Arabische Republik, aus der drei Jahre danach die Staaten Ägypten und Syrien hervorgingen).
Der Staatenbund, für den ich eintrete, wäre daher eine Zwischenlösung (auf fünf oder zehn Jahre angelegt), an deren Ende die Wahrscheinlichkeit einer vollen Unabhängigkeit für den Kosovo steht.
Ein derartiger Aufschub einer endgültigen Lösung brächte auch einen Zeitgewinn, um die Chancen des Kosovo auf einen EU-Beitritt auszuloten, der letztlich die Ausübung der „souveränen Autorität“ gemeinsam mit anderen unabhängigen Staaten bedeuten würde. Damit könnten auch die gefährlich hartnäckigen nationalistischen Ansprüche der Kosovaren entschärft werden.
Eine Verschwörung, so immens ...
NEW YORK: Ist dies das Zeitalter der Verschwörungstheorien?
Viel deutet darauf hin, dass wir uns in einer Art goldenem Zeitalter der Spekulationen, Dokumentierung und Schlussfolgerungen durch die Bürger befinden, die sich normalerweise über das Internet manifestieren und viral um den Erdball verbreiten.
Dabei werden Verschwörungstheorien den Rändern des öffentlichen Diskurses, wohin sie im Allgemeinen in der Vergangenheit verbannt waren, entrissen, und finden manchmal ihren Weg mitten ins Zentrum der Politik.
Mir ist dies rein zufällig bewusst geworden.
Als Autorin eines Buches über die missbräuchliche Übernahme exekutiver Macht in den USA während der Bush-Jahre stolperte ich bei Recherchen zu neuen Entwicklungen über Onlinegespräche, die sich mit Begeisterung Geschichten von Manipulationen hinter den Kulissen widmen.
Dabei gibt es einige zentrale Themen.
Ein häufiges Thema in den USA ist, dass globale Eliten – u.a. mittels der Bilderberg Group und des Council on Foreign Relations – insgeheim die Einrichtung einer „Weltregierung“ planen, die statt von den nationalen Regierungen von ihnen selbst beherrscht wird.
Manchmal kommen stärker folkloristische Details ins Spiel, die als Mitglieder bei dieser Kabale die Illuminati, die Freimaurer, Rhodes-Stipendiaten oder, wie immer, die Juden nennen.
Die Hauptmerkmale dieser Geschichte sind jedem vertraut, der sich mit der Weitergabe bestimmter Arten von Storys in Krisenzeiten beschäftigt hat.
In literarischer Hinsicht ähnelt diese Verschwörungstheorie stark den Protokollen der Weisen von Zion – mit einer verschwiegenen globalen Elite von großer Macht und mit verwerflichen Zielen.
Historisch geht es tendenziell immer um denselben Themenbereich: Furcht erregende, unkontrollierte Umwälzungen unter Führung gebildeter, urbanisierter Kosmopoliten.
Wer die Weimarer Republik studiert hat, weiß, dass plötzliche Verwerfungen und Erschütterungen – eine rapide Verstädterung, die Störung traditioneller familiärer und gesellschaftlicher Beziehungen, die Lockerung sexueller Beschränkungen und der wirtschaftliche Zusammenbruch – damals viele Deutsche für simplizistische Theorien empfänglich machten, die ihre Verwirrung aufzulösen und ihrem Leid eine höhere Bedeutung zu geben schienen.
In ähnlicher Weise behauptet heute das „9/11 Truth Movement“, dass der Anschlag auf die beiden Türme des World Trade Centers ein „Inside Job“ gewesen sei.
In der muslimischen Welt gibt es eine weit verbreitete Verschwörungstheorie, wonach die Israelis hinter den Anschlägen standen und alle in den Gebäuden arbeitenden Juden am 11. September zu Hause geblieben wären.
Verschwörungstheorien kommen normalerweise dort auf, wo die Menschen ungebildet sind und es keine gründlich arbeitende unabhängige Presse gibt.
Warum also finden derartige Theorien heutzutage in den USA und anderen wohlhabenden Demokratien Anhänger?
Die heutige explosive Zunahme an Verschwörungstheorien wird durch dieselben Umstände angeheizt, die deren Akzeptanz in der Vergangenheit steuerten: rapider gesellschaftlicher Wandel und tief greifende wirtschaftliche Unsicherheit.
Ein eindeutig designierter „Feind“ mit einem unverkennbaren „Plan“ ist psychologisch bequemer als die chaotische Evolution gesellschaftlicher Normen und die Funktionsweisen – oder Fehlentwicklungen – eines ungebremsten Kapitalismus.
Und während Verschwörungstheorien oftmals ganz offensichtlich irrational sind, sind die in ihnen aufgeworfenen Fragen häufig vernünftig, selbst wenn die Antworten oft unbelegt oder schlicht falsch sind.
Mit ihrer Suche nach Antworten reagieren diese Bürger rational auf irrationale Gegebenheiten.
Viele Bürger glauben, und zwar zu Recht, dass ihre Massenmedien es versäumen, Missbräuche zu untersuchen und zu dokumentieren.
In den meisten hoch entwickelten Ländern haben die Zeitungen zu kämpfen oder geben auf; investigative Berichterstattung ist häufig das Erste, an dem gespart wird.
Die Konzentration von Medieneigentum und -beherrschung heizt das Mistrauen der Öffentlichkeit weiter an und bereitet den Boden für ein investigatives Tätigwerden der Bürger, das in dieses Vakuum drängt.
Ebenso sind in einem Zeitalter, in dem Firmenlobbyisten freie Hand bei der Gestaltung – wenn nicht gar der Abfassung – der öffentlichen Ordnung haben, viele Menschen (erneut zu Recht) der Ansicht, dass ihre gewählten Mandats- und Funktionsträger sie nicht länger vertreten.
Daher ihre Neigung, an unsichtbare Kräfte zu glauben.
Und schließlich: Selbst rational denkende Menschen sind inzwischen empfänglicher für bestimmte Verschwörungstheorien, weil wir in den vergangenen acht Jahren tatsächlich eine Reihe ausgeklügelter Verschwörungen erlebt haben.
Die Bush-Administration verschwor sich, die Amerikaner und andere in einen illegalen Krieg zu ziehen und nutzte dafür gefälschte Beweise.
Muss man sich dann wundern, dass so viele rational denkende Menschen versuchen, aus einer politischen Realität klug zu werden, die in der Tat ungewöhnlich unübersichtlich geworden ist?
Wenn selbst Angehörige des Untersuchungsausschusses zum 11. September sich von den eigenen Schlussfolgerungen distanzieren (weil sie auf unter Folter erlangten Belegen basierten), kann es dann überraschen, dass viele eine zweite Untersuchung wollen?
Es passiert häufig genug, dass Bürger, die an den Rändern des Diskurses nachgraben – und derartigen Theorien anhängen – Nachrichten vermelden, die von den etablierten Medien ignoriert werden.
So war es etwa ein „Verschwörungstheoretiker“, Alex Jones, der zuerst den Einsatz von Mikrowellentechnologie gegen US-Bürger durch amerikanische Polizisten dokumentierte. Der New Yorker hat die Story dann sehr viel später ohne Angabe der Originalquelle bestätigt.
Die Tendenz der etablierten Medien, das, was im Bereich der Verschwörungstheorien im Internet tatsächlich berichtenswert ist, weder zu überprüfen noch zu veröffentlichen, spiegelt in Teilen eine klassenbedingte Voreingenommenheit wider.
Verschwörungstheorien gelten als vulgär und intellektuell anspruchslos.
Also werden selbst sinnvolle kritische Fragen oder gut belegte Daten, die von investigativ tätigen Bürgern zutage befördert werden, von gut ausgebildeten, offiziellen Journalisten tendenziell wie radioaktiver Müll behandelt.
Das wahre Problem bei all diesen wilden Verschwörungstheorien ist, dass sie die Bürger aufgewühlt, aber ohne einen soliden Beleghintergrund zurücklassen, auf dem sie ihre Weltsicht aufbauen können – und ohne eine konstruktive Richtung, in die sie ihre Emotionen kanalisieren können.
Dies ist der Grund, warum sich potenziell interessante Spekulationen von Bürgern in so vielen Diskussionsfäden in Hasstiraden und Paranoia verwandeln.
In einem fiebrigen Umfeld ohne gute redaktionelle Überprüfung oder Instrumente zur Dokumentation lassen sich die Bürger ausnutzen und von Demagogen aufwiegeln – so wie man es in den letzten Wochen bei Sarah Palins Wahlkampfveranstaltungen erleben konnte, nachdem Internettheorien Barack Obama als Terroristen oder als mit Terroristen im Bunde dargestellt hatten.
Wir müssen den Informationsfluss des Internetzeitalters ändern.
Die Bürger sollten leichter in der Lage sein, investigativen Reportern in den etablierten Medien Informationen zukommen zu lassen, ihnen Storys anzubieten und Hinweise zu schicken.
Sie sollten neue Onlinegebilde organisieren, in denen sie eine Gebühr für direkte investigative Berichterstattung zahlen – ohne eine Einflussnahme durch wirtschaftlichen Druck.
Und die investigativ tätigen Bürger sollten in grundlegenden Aspekten des Journalismus geschult werden: wie man gute Daten findet, Storys durch zwei unabhängige Quellen bestätigen lässt, verantwortlich zitiert und Anonymität meidet – d.h., zu seinen eigenen Texten steht, so wie es konventionelle Reporter tun.
Auf diese Weise können Bürger ernsthaft als Dokumentatoren und Rechercheure unserer gemeinsamen Lage angesehen werden – und sich selbst als solche betrachten.
In einer Zeit, in der offiziellen Stellen nicht zu trauen ist, sollte eine gesunde investigative Energie erhellen und nicht nur aufheizen.
Verfassungsputsch in der Ukraine
Eine Verfassungsänderung ist immer eine heikle Angelegenheit.
Aber gefährlich wird es, wenn davon nur ein Mann profitieren soll.
Wenn nämlich ein Präsident freiwillig Machtbefugnisse seines Amtes reduziert, kann man davon ausgehen, dass er nichts Gutes im Schilde führt.
Genau das passiert momentan in der Ukraine, wo Präsident Leonid Kutschma vorgeschlagen hat, das präsidiale System durch eine seltsame Art eines parlamentarischen Systems zu ersetzen, das er sich selbst ausgedacht hat.
Kutschma ist aber nicht plötzlich zur Einsicht gelangt, dass parlamentarische Demokratien besser seien, als präsidiale.
Nein, Kutschma möchte die ukrainische Verfassung nur ändern, um an der Macht zu bleiben.
Kutschma regiert heute als allmächtiger Präsident.
Nächstes Jahr allerdings endet seine Amtszeit und er darf nicht mehr kandidieren.
Statt sich in Würde aus seinem Amt zu verabschieden wie das Präsidenten von Bill Clinton bis Boris Jelzin tun, möchte Kutschma die Verfassung ändern, um ein allmächtiger Ministerpräsident mit unbegrenzter Amtszeit zu werden.
Natürlich sind Verfassungen nicht dazu da, einen untragbar gewordenen Zustand zu konservieren.
Verfassungen können und sollten, wenn nötig, Reformen vorsehen.
Ein mächtiger Präsident muss für die Ukraine auch nicht unbedingt falsch sein.
In der schwierigen postkommunistischen Übergangsphase ist es von entscheidender Bedeutung, dass eine Regierung entschlossen agieren kann.
Um ein für die Ukraine bestens geeignetes System zu ändern, bedarf es also eines guten Grundes.
Der ukrainische Präsident ist ermächtigt, den Ministerpräsidenten zu ernennen und zu entlassen, das Parlament aufzulösen und per Dekret zu regieren, wenn er meint, die Institutionen des Landes wären in Gefahr.
Er hat die Kontrolle über jeden Aspekt der Regierung.
Ein derart mächtiger Herrscher muss über jeden Vorwurf erhaben sein.
Das ist Kutschma nicht.
Ganz im Gegenteil, in der Ukraine ist nicht die Verfassung verkommen, sondern der Präsident. Er ist in Fälle von Korruption und Journalistenmorde verstrickt.
Als Präsident ist Kutschma in grotesker Weise unpopulär.
Sogar Slobodan Milosevic in Jugoslawien hatte vor seinem Sturz mehr Unterstützung.
Kutschma weiß daher, dass er sich nicht wie Jelzin einen handverlesenen Nachfolger aussuchen kann.
Nachdem ein solcher zahmer Nachfolger nicht in Sicht ist, möchte Kutschma nun das etablieren, was er als ,,parlamentarische Republik" bezeichnet, nämlich einen Staat mit einem schwachen Präsidenten und einen mächtigen Ministerpräsidenten.
Ihm schwebt eine Art von Parlament vor, in der die autoritäre Herrschaft der kriminellen Kutschma-Clans unter dem Deckmantel des Parlamentarismus unvermindert weitergeht.
Die Menschen vergessen allzu leicht auf die Ukraine, dieses große Land an der Grenze der bald erweiterten Europäischen Union.
Aber jeder Versuch die Herrschaft Kutschmas zu verlängern, wird zu einem derartigen politischen Chaos führen, dass es keineswegs abwegig erscheint, dass die Ukraine ebenso wie Weißrussland oder der Balkan in den frühen neunziger Jahren des vorigen Jahrhunderts in Diktatur und Chaos abrutscht.
Es könnte sogar noch schlimmer kommen, denn Russland wird wahrscheinlich nicht untätig herumsitzen und zusehen, wie sich die Ukraine auflöst.
Eine Intervention der einen oder anderen Art scheint unter diesen Umständen wahrscheinlich.
Allerdings würde es nur ein imperialistisches Russland wagen, die Ukraine zu annektieren.
Ein imperialistisches Russland kann allerdings kein demokratisches Russland sein.
So gefährdet Kutschma nicht nur in der Ukraine die Freiheit und Menschenrechte, sondern bedroht auch die Demokratie in Russland.
Glücklicherweise gab es allerdings nie einen besseren Zeitpunkt für den Westen - vor allem für die EU - die Ukraine vor dem Abgrund zu retten.
Alle Ukrainer fürchten, dass mit der EU-Erweiterung im nächsten Frühjahr eine neue Mauer entsteht, die ihr Land von der östlichsten Außengrenze der EU in Polen trennt.
Obwohl die Aufrechterhaltung der Demokratie in der Ukraine in erster Linie eine Angelegenheit der Ukrainer ist, kann die EU praktische Schritte unternehmen, um den Ukrainern zu versichern, dass sie nicht vom Rest Europas abgeschnitten werden.
Zwei mögliche Maßnahmen wären eine großzügige Visaregelung und die Schaffung regionaler Entwicklungsfonds in der Ukraine, die dem verarmten Ostteil Polens zugute kämen.
Diese Maßnahmen sollten allerdings an die Bedingung geknüpft werden, dass Kutschma die ukrainische Verfassung und die Demokratie nicht antastet.
Die EU sollte auch keine Hemmungen hinsichtlich einer Einmischung in die inneren Angelegenheiten der Ukraine haben.
Immerhin zögerte sie vor ein paar Jahren auch nicht, Sanktionen über ein Mitgliedsland, nämlich Österreich, zu verhängen, als man sich um das Wohl der Demokratie in diesem Land sorgte.
Der unberechenbare Kutschma verdient solche Sicherheitsmaßnahmen zur Überwachung seines Wohlverhaltens noch viel mehr.
In ähnlicher Weise sollten die USA die Entscheidung Kutschmas, Truppen in den Irak zu senden mit Vorsicht genießen.
Es kann wohl nicht sein, dass Amerikas Vertrauen in die ukrainische Demokratie derart zynisch erkauft wird.
In der Ukraine selbst sollte eine Regierung, die tatsächlich fähig ist zu regieren, dafür sorgen, dass EU-Gesetze und Normen in genau der gleichen Weise übernommen werden, wie dies in den nunmehrigen Beitrittsländern geschehen ist, um das zwielichtige System, in dem Kutschmas kriminelle Günstlinge gedeihen, zu bereinigen.
Die Verfassung muss reformiert werden, aber nicht um die Macht von einem allmächtigen Herrscher auf den anderen zu übertragen.
Es bedarf einer klaren Kontrolle der Willkürherrschaft und Transparenz in der Entscheidungsfindung.
Niemand sollte daran zweifeln, dass Kutschma beabsichtigt, unter allen Umständen an der Macht zu bleiben.
Fraglicher ist, ob er sich sicher genug fühlt, eine Präsidentenwahl (oder eine andere Wahl) abzuhalten, wenn er die Verfassung nicht in einer Weise ändern kann, die ihm weiteren missbräuchlichen Machterhalt garantiert.
Immerhin ist Präsident Kutschma diskreditiert und nicht die Verfassung der Ukraine.
Vom Übergreifen schlechter Ideen
NEW YORK: Die Große Rezession von 2008 hat sich in eine nordatlantische Rezession verwandelt: Es sind vor allem Europa und die USA, nicht die wichtigen Schwellenmärkte, die sich in einem Zustand langsamen Wachstums und hoher Arbeitslosigkeit verfangen haben.
Und es sind Europa und Amerika, die – allein und gemeinsam – auf das Dénouement eines großen Debakels zusteuern.
Eine geplatzte Blase führte zu massiven keynesianischen Konjunkturmaßnahmen, die eine deutlich tiefere Rezession verhinderten, aber auch erhebliche Haushaltsdefizite bedingten.
Die Reaktion darauf – massive Ausgabesenkungen – sorgt dafür, dass möglicherweise für viele Jahre eine inakzeptabel hohe Arbeitslosigkeit (eine enorme Verschwendung an Ressourcen und unnötig viel Leid) fortbestehen wird.
Die Europäische Union hat sich endlich dazu bekannt, ihren in finanziellen Schwierigkeiten steckenden Mitgliedern zu helfen.
Sie hatte keine Wahl: Angesichts finanzieller Turbulenzen, die drohten, von kleinen Ländern wie Griechenland und Irland auf große wie Italien und Spanien überzugreifen, war das Überleben des Euro selbst zunehmend in Gefahr.
Europas politische Führungen erkannten, dass die Schulden der in Finanznot geratenen Länder nicht mehr zu bewältigen sein würden, wenn ihre Volkswirtschaften nicht wachsen können, und dass ein derartiges Wachstum nicht ohne Hilfe erreichbar sein würde.
Doch zur selben Zeit, in der Europas Führungen versprachen, Hilfe sei auf dem Weg, versteiften sie sich darauf, dass die nicht in der Krise steckenden Länder ihre Ausgaben senken müssten.
Die resultierenden Sparmaßnahmen werden Europas Wachstum – und damit das der am stärksten Not leidenden Volkswirtschaften – behindern: Schließlich würde Griechenland nichts mehr helfen als ein robustes Wachstum seiner Handelspartner.
Zudem verringert niedriges Wachstum die Steuereinnahmen, was das lauthals verkündete Ziel der Haushaltskonsolidierung untergräbt.
Die Diskussionen vor der Krise haben gezeigt, wie wenig getan wurde, um die wirtschaftlichen Rahmendaten zu verbessern.
Der vehemente Widerstand der Europäischen Zentralbank gegenüber der Restrukturierung der Schulden gescheiterter oder insolventer Entitäten – die in allen kapitalistischen Volkswirtschaften unverzichtbar ist – ist ein Beleg für die anhaltende Fragilität des westlichen Bankensystems.
Die EZB argumentierte, dass der Steuerzahler die faulen staatlichen Schulden Griechenlands in ihrer Gesamtheit übernehmen müsse – aus Angst, dass eine Beteiligung des privaten Sektors ein „Kreditereignis“ auslösen würde, das große Auszahlungen bei Credit Default Swaps (CDS) erzwingen und die finanziellen Turbulenzen weiter anheizen könnte.
Doch wenn dies für die EZB eine reale Sorge ist (sie also nicht bloß im Namen der privaten Gläubiger agiert), dann hätte sie doch mit Sicherheit verlangen müssen, dass die Banken mit mehr Eigenkapital ausgestattet werden.
Genauso hätte die EZB den Banken den Zugang zum riskanten CDS-Markt versperren müssen, wo sie von den Entscheidungen der Rating-Agenturen darüber, was ein „Kreditereignis“ ist, in Geiselhaft genommen werden.
Tatsächlich war es eine positive Leistung der europäischen Staats- und Regierungschefs auf dem jüngsten Gipfel in Brüssel, dass sie angefangen haben, sowohl der EZB als auch der Macht der amerikanischen Rating-Agenturen Zügel anzulegen.
Tatsächlich war der seltsamste Aspekt der Haltung der EZB ihre Drohung, sich zu weigern, restrukturierte Staatsanleihen als Sicherheiten anzunehmen, falls die Rating-Agenturen beschließen sollten, dass die Restrukturierung als Kreditereignis zu klassifizieren sei.
Dabei war es doch Sinn der Restrukturierung, Schulden abzulösen und dafür zu sorgen, dass die verbleibende Schuldenlast leichter zu bewältigen ist.
Wenn die Anleihen vor der Restrukturierung als Sicherheiten akzeptabel waren, so wären sie mit Sicherheit nach der Restrukturierung sicherer und daher gleichermaßen akzeptabel.
Diese Episode sollte uns als Warnung dienen, dass Zentralbanken politische Institutionen mit einer politischen Agenda sind und dass unabhängige Zentralbanken dazu neigen, sich (zumindest „kognitiv“) von den Banken vereinnahmen zu lassen, die sie doch eigentlich kontrollieren sollten.
Jenseits des Atlantiks sieht es kaum besser aus.
Dort drohte die extreme Rechte, die US-Regierung handlungsunfähig zu machen, und bestätigte so, was die Spieltheorie nahe legt: Wenn jene, die sich in irrationaler Weise der Zerstörung verschrieben haben, wenn sie ihren Willen nicht durchsetzen können, rationalen Personen gegenübertreten, setzen sich Erstere durch.
Infolgedessen hat sich Präsident Barack Obama einer unausgewogenen Strategie zum Schuldenabbau ohne Steuererhöhungen gefügt – nicht mal für jene Millionäre, denen es während der vergangenen zwei Jahrzehnte so gut ergangen ist, und nicht einmal in Form einer Beseitigung von Steuergeschenken an Ölunternehmen, die die wirtschaftliche Effizienz untergraben und zur Umweltzerstörung beitragen.
Optimisten argumentieren, dass die kurzfristigen gesamtwirtschaftlichen Auswirkungen des Deals zur Erhöhung der amerikanischen Schuldengrenze und zur Verhinderung eines staatlichen Zahlungsausfalls begrenzt sein werden – rund 25 Milliarden Dollar an Ausgabesenkungen in den kommenden Jahren.
Doch die Senkung der Lohnsteuer (die den amerikanischen Normalbürgern mehr als 100 Milliarden Dollar in die Taschen spülte) wurde nicht verlängert, und die Unternehmen, die die kontraktiven Auswirkungen dieser Maßnahme für die Zukunft fürchten, werden nun sicher noch stärker zögern, Kredite zu gewähren.
Die Beendigung der Konjunkturmaßnahmen selbst ist kontraktiv.
Und angesichts weiter fallender Häuserpreise, einem ins Stocken geratenem BIP-Wachstum und einer störrisch auf hohem Niveau verharrenden Arbeitslosigkeit (einer von sechs Amerikanern, der gern eine Vollzeitstelle hätte, kann keine bekommen) wären weitere Konjunkturmaßnahmen und keine Sparmaßnahmen erforderlich – auch, um den Haushalt auszugleichen.
Der bedeutendste Treiber des Defizitwachstums sind niedrige Steuereinnahmen aufgrund einer schwachen Wirtschaftsentwicklung; das beste Mittel dagegen wäre, Arbeitsplätze zu schaffen.
Der jüngste Schuldendeal war ein Schritt in die falsche Richtung.
Die Sorge über eine finanzielle Ansteckung zwischen Europa und Amerika ist groß.
Schließlich spielte Amerikas finanzielles Missmanagement eine wichtige Rolle dabei, die europäischen Probleme auszulösen, und finanzielle Turbulenzen in Europa wären für die USA nicht gut – insbesondere angesichts der Fragilität des US-Bankensystems und der anhaltenden Rolle, die es bei den intransparenten CDS spielt.
Doch das wahre Problem rührt aus einer anderen Form der Ansteckung her: Schlechte Ideen greifen leicht auf andere Länder über, und die fehlgeleiteten wirtschaftlichen Vorstellungen auf beiden Seiten des Atlantiks verstärken einander gegenseitig.
Dasselbe wird für die Stagnation gelten, die diese Politik mit sich bringt.
Kühle Analyse der Erderwärmung
Die britische Regierung hat vor kurzem die bisher umfassendste Studie zu Kosten und Risiken der Erderwärmung sowie zu Maßnahmen, die den Ausstoß von Treibhausgasen reduzieren könnten, herausgegeben, in der Hoffnung, einige der schlimmsten Folgen abwenden zu können.
Der Bericht, der unter der Leitung von Sir Nicholas Stern von der London School of Economics geschrieben wurde, meinem Nachfolger als Chefökonom der Weltbank, macht deutlich, dass die Frage nicht mehr lautet, ob wir es uns leisten können, etwas gegen die Erderwärmung zu unternehmen, sondern ob wir es uns leisten können, nichts dagegen zu tun.
Der Bericht schlägt eine Agenda vor, deren Kosten lediglich 1 % des gesamtwirtschaftlichen jährlichen Verbrauchs betragen würden, die jedoch die Welt davor bewahren würde, Kosten zu riskieren, die fünfmal so hoch wären.
Die im Bericht genannten Kosten der Erderwärmung sind höher als in früheren Studien, weil darin die sich häufenden Hinweise berücksichtigt werden, dass der Prozess der Erderwärmung höchstkomplex und nichtlinear ist und damit eine nicht zu vernachlässigende Wahrscheinlichkeit in sich birgt, viel schneller voranzuschreiten, als zuvor gedacht wurde, und dass das Ausmaß der Erwärmung wesentlich größer sein könnte, als zuvor erwartet.
Vielleicht unterschätzt die Studie die Kosten sogar bei weitem: Klimaänderungen können beispielsweise zu größerer Wetterunbeständigkeit führen oder zu einem möglichen Verschwinden bzw. einer starken Verlagerung des Golfstroms – was besonders für Europa beunruhigend ist – und zur Ausbreitung von Krankheiten.
Als ich 1995 im Intergovernmental Panel on Climate Change (Zwischenstaatlicher Ausschuss für Klimaänderungen) saß, dem wissenschaftlichen Gremium, das die Erkenntnisse zur Erderwärmung in regelmäßigen Abständen bewertet, gab es überwältigende Hinweise dafür, dass die Konzentration von Treibhausgasen in der Atmosphäre seit den Anfängen der industriellen Revolution deutlich gestiegen war, dass menschliche Aktivitäten zu diesem Anstieg bedeutend beigetragen hatten und dass dies große Auswirkungen auf das Klima und den Meeresspiegel haben würde.
Doch dachten wenige, dass z. B. das arktische Eis so schnell schmelzen würde, wie es nun der Fall zu sein scheint.
Dennoch schlagen manche vor, dass wir wenig oder nichts unternehmen sollten, weil wir nicht sicher sind, wie gravierend die Erderwärmung sein wird.
Meiner Meinung nach sollte uns diese Unsicherheit dazu veranlassen, jetzt entschlossener zu handeln, und nicht unentschlossener.
Ein mit mir befreundeter Wissenschaftler drückt dies folgendermaßen aus: Wenn man auf einer Bergstraße in einem Auto fährt, dessen Bremsen versagen könnten, und sich einer Klippe nähert, während eine Nebelbank heraufzieht, sollte man dann vorsichtiger oder unvorsichtiger fahren?
Die Erderwärmung ist einer der seltenen Fälle, bei dem die Wissenschaftler mehr Angst vor dem haben, was passieren könnte, als die breite Öffentlichkeit.
Sie haben einen flüchtigen Blick auf das geworfen, was die Zukunft bringen könnte.
Wie in Sterns Bericht dargelegt wird, sind die Armen wie immer am wehrlosesten.
Ein Drittel Bangladeschs wird am Ende dieses Jahrhunderts unter Wasser stehen.
Die Malediven und etliche pazifische Inselstaaten werden verschwinden: unser Atlantis des einundzwanzigsten Jahrhunderts.
Für einen Wirtschaftswissenschaftler liegt das Problem auf der Hand: Die Umweltverschmutzer tragen nicht die vollen Kosten für den Schaden, den sie verursachen.
Bei der Umweltverschmutzung handelt es sich um einen externen Effekt mit ungeheuren Ausmaßen.
Die Industrieländer wollen Bangladesch und den verschwindenden Inselstaaten gewiss keinen Schaden zufügen, doch könnte kein Krieg verheerender sein.
Einem globalen externen Effekt kommt man am besten mit einem global vereinbarten Steuersatz bei.
Das bedeutet keine Anhebung der Gesamtbesteuerung, sondern lediglich, dass in jedem Land einige der aktuellen Steuern durch eine Umweltsteuer (Kohlenstoffsteuer) ersetzt werden.
Es ist wesentlich sinnvoller, Schlechtes zu besteuern, z. B. Umweltverschmutzung, als Gutes, wie Ersparnisse und Arbeit.
Obwohl Präsident George W. Bush behauptet, er glaube an die Märkte, hat er in diesem Fall freiwillige Aktionen gefordert.
Doch ist es bei weitem sinnvoller, die Marktkräfte und die Macht von Anreizen zu nutzen, als sich auf Goodwill zu verlassen, besonders wenn es um Ölfirmen geht, die die Gewinnmaximierung als ihr einziges Ziel ansehen, unabhängig von den Kosten für andere.
Exxon hat Berichten zufolge so genannte Denkfabriken finanziert, um das Vertrauen in die Erkenntnisse zur Erderwärmung zu schwächen, genau wie die Tabakindustrie „Studien“ finanziert hat, um die Gültigkeit statistischer Ergebnisse in Frage zu stellen, die den Zusammenhang zwischen Rauchen und Krebs belegen.
Einige Unternehmen scheinen das Schmelzen der Polarkappen sogar zu feiern, weil es die Kosten für die Förderung des Öls, das unter dem Nördlichen Eismeer liegt, senken wird.
Die gute Nachricht lautet, dass es viele Möglichkeiten gibt, Emissionen durch verbesserte Anreize zu verringern – zum Teil, indem man die unzähligen Subventionen für ineffiziente Verwendungszwecke abschafft.
Die USA subventionieren Ethanol aus Mais und erheben Zölle auf Ethanol aus Zucker. In der Steuerordnung verbergen sich Subventionen in Milliardenhöhe für die Öl- und Gasindustrie.
Das Wichtigste ist, dass Preissignale, die die wahren gesellschaftlichen Kosten für die Energiegewinnung aus fossilen Brennstoffen widerspiegeln, Innovation und Naturschutz fördern werden.
Kleine Änderungen bestimmter Praktiken können, wenn sie von hunderten Millionen von Menschen aufgenommen werden, einen gewaltigen Unterschied machen.
Wenn z. B. einfach die Farbe der Dächer in warmen Gegenden geändert wird, um das Sonnenlicht zu reflektieren, oder Bäume um Häuser herum angepflanzt werden, kann dadurch viel Energie für Klimaanlagen gespart werden.
Wir haben nur einen Planeten und sollten ihn zu schätzen wissen.
Die Erderwärmung stellt ein Risiko dar, das wir einfach nicht mehr ignorieren dürfen.
Eine Vertrauenskrise
LONDON – Das öffentliche Vertrauen in Finanzinstitute und in die Behörden, die diese regulieren sollen, zählte zu den ersten Opfern der Finanzkrise.
Das ist kaum überraschend, da zuvor angesehene Firmen offenbarten, dass sie die Titel, mit denen sie selbst handelten, oder die Risiken, die sie auf sich nahmen, nicht vollständig verstanden.
Es ist schwierig, keine heimliche Schadenfreude über die wohlverdiente Strafe für die Meister des Universums zu empfinden.
Aber leider könnte es uns alle teuer zu stehen kommen, wenn dieser Vertrauensverlust anhält.
So merkte Ralph Waldo Emerson an: „Unser Misstrauen ist sehr teuer.“
Im Hinblick auf die Wirtschaft machte der Nobelpreisträger Kenneth Arrow diese Feststellung vor nahezu 40 Jahren: „Man kann plausibel argumentieren, dass ein großer Anteil der wirtschaftlichen Rückständigkeit in der Welt durch den Mangel an gegenseitigem Vertrauen erklärt werden kann.“
Tatsächlich belegen viele ökonomische Studien eine starke Beziehung zwischen dem Vertrauensniveau in einer Gemeinschaft und ihrer gesamtwirtschaftlichen Leistung.
Ohne gegenseitiges Vertrauen ist die wirtschaftliche Aktivität stark eingeschränkt.
Selbst innerhalb von Europa gibt es überzeugende Beweise dafür, dass Länder, in denen das gegenseitige Vertrauen größer ist, ein höheres Investitionsniveau erreichen (besonders durch Risikokapitalinvestitionen) und zu flexibleren Verträgen bereit sind, die ebenfalls das Wachstum und Investitionen begünstigen.
Wenn es also stimmt, dass das Vertrauen in Finanzinstitute – und in die Regierungen, die sie beaufsichtigen – durch die Krise beschädigt wurde, dann sollten wir das äußerst ernst nehmen und Antworten finden, um dieses Vertrauen wiederaufzubauen.
Die Beweise für eine Vertrauenskrise sind eher schwierig zu interpretieren.
In Großbritannien präsentieren sich neuere Umfrageergebnisse als zweideutig.
Umfragen, die von Finanzunternehmen gefördert wurden, zeigen tendenziell, dass das Vertrauen in sie nicht besonders stark zurückgegangen ist und dass die Menschen ihnen immer noch mehr vertrauen als dem National Health Service oder der BBC.
Umfragen, die von der BBC beworben wurden, stellen die Lage tendenziell umgekehrt dar.
Die Chaostheorie in der Mathematik erklärt diese Abhängigkeit von entfernten und scheinbar trivialen Ausgangsbedingungen und erläutert, warum selbst die Extrapolation scheinbar präziser Planetenbewegungen unmöglich wird, wenn man sie weit genug in die Zukunft fortschreibt.
Auch die Meteorologen können keine weit in die Zukunft reichenden Prognosen erstellen, doch verfügen sie zumindest über präzise mathematische Modelle.
Dabei werden Rechner mit enormen Kapazitäten parallel geschaltet, um nummerische Lösungen für aus der fluid- und thermodynamischen Theorie entwickelte Differenzialgleichungen zu finden. Die Wissenschaftler scheinen den Mechanismus zu kennen, der das Wetter hervorbringt, auch wenn es per se schwierig ist, dabei weit in die Zukunft reichende Extrapolationen vorzunehmen.
Das Problem der Makroökonomie ist, dass sich die Arten von Ursachen, die in Bezug auf die aktuelle Krise genannt werden, schwer systematisieren lassen.
Die mathematischen Modelle, über die die Makroökonomen verfügen, mögen den Wettermodellen in gewisser Hinsicht ähneln, doch ist ihre strukturelle Integrität nicht durch eine solide, Gesetzmäßigkeiten aufstellende Theorie gewährleistet.
Die wichtigste Neuerscheinung über die Ursprünge der Wirtschaftskrise,This Time Is Different von Carmen Reinhart und Kenneth Rogoff, ist im Wesentlichen eine Zusammenfassung der aus so gut wie allen geschichtlich dokumentierten Finanzkrisen überall auf der Welt gezogenen Lehren.
Doch ist das Buch fast völlig untheoretisch ausgerichtet.
Es dokumentiert lediglich sich wiederholende Muster.
Leider gibt es in den 800 Jahren der Finanzgeschichte nur ein einziges Beispiel einer wirklich massiven weltweiten Kontraktion, nämlich die Große Depression der 1930er Jahre.
Daher ist schwer zu sagen, was man auf der Basis der Analyse von Reinhart und Rogoff in Bezug auf die derzeitige Kontraktion erwarten sollte.
Damit bleibt uns nur der Versuch, die Verlaufsmuster vergangener, unähnlicher Krisen zu nutzen, um daraus eine wahrscheinliche Prognose für die aktuelle Krise zu erstellen.